Nguyên Lê: Silk And Sand (180g) (LP) – jpc (2025)

+ Chris Jennings, Rhani Krija u.a.

Seit der Gitarrist Nguyên Lê vor dreißig Jahren der erste exklusive ACT-Artist wurde, hat er sich als eine unverkennbare Stimme seines Instruments etabliert. Und als einer der wichtigsten Vertreter des Jazz als Weltmusik ohne Grenzen. Der der 64-Jährige gehört zu den wenigen, die in Technik, Stil und Komposition einzigartig und von der ersten Note an erkennbar sind – eine Meisterschaft im eigentlichen Sinne also. Mit »Silk and Sand« kehrt Lê nun zum Format des Trios zurück, mit dem er einst, auf »Million Waves« seine Karriere als Leader begann.

Das Lê so klingt und denkt, wie sonst kein anderer Gitarrist, liegt zum einen daran, dass er ein Autodidakt ist, mit Schlag-zeug begann, erst spät zur Gitarre wechselte und vor seiner Musikerkarriere Bildende Kunst und Philosophie studierte. Dass er also sein Instrument völlig unverschult und nach eigenen Kriterien erlernte und sein Horizont weit über die Musik hinausreicht. Zum anderen hat sich Lê von Anfang an als Brückenbauer verstanden, zwischen den Genres, Stilen und Kontinenten. »Ich bin eine personifizierte Fusion der Kulturen,« sagt er. Und ist dementsprechend ein Weltmusiker im eigentlichen Sinne, in dessen Werk sich stets die europäische, speziell französische Musikkultur und die südostasiatische seiner Wurzeln mit den amerikanischen Traditionen des Jazz und Rock, aber auch Musiken anderer Kontinente begegneten. Angefangen mit seiner ersten, stark afrokaribischen Band Ultramarine über Alben wie »Zanzibar«, »Tales from Vietnam«, über die Beteiligung am bahnbrechenden Neo-Flamenco-Projekt »Jazzpaña« und seine Zusammenarbeit mit der traditionellen vietnamesischen Sängerin Huong Thanh bis hin zum Trio E_L_B mit Peter Erskine oder seinem vielfach preisgekrön-ten Jimi-Hendrix-Projekt.

Nach vielen Global-Fusion-Rock-Projekten mit internationa-len Stars in den vergangenen Jahren geht es mit »Silk and Sand« wieder weitgehend zurück zu den Wurzeln. Einem wie im Titel schon angedeuteten feineren, leiserem Musizieren mit größerem Jazz-Anteil, das nach eigenem Bekunden an frühe Werke anknüpft: »Auf meinem Album ›Three Trios‹ von 1996 habe ich zwei Stücke »Silk« und »Sand« genannt: Kostbare, doch starke Seide, die das Zusammenspiel der Musiker ver-webt; Wüstensand, der den Traum des Musikers von einem anderen Ort verfolgt... 26 Jahre später bleiben diese Titel wie Kieselsteine auf dem Weg, den man mit seinen Schritten ge-gangen ist.«

Doch Nguyên Lê wäre nicht er selbst, würde er für ein neues Trio nur auf Zutaten einer klassischen Jazzbesetzung setzen. Seine Wahl für den Rhythmus-Posten fiel auf den marokkanischen Percussionisten Rhani Krjia, einen musikalischen Seelenverwandten mit dem zusammen zu arbeiten für Lê ein lange gehegter Wunsch war und dessen filigrane, farbenreiche Grooves schon die Musik von Stars wie Sting, Keziah Jones oder Dominic Miller bereicherten. Das musikalische Fundament liefert der Kanadier Chris Jennings, ein langjähriger Weggefährte Lês und einer der gefragtesten Bassisten dies- und jenseits des Atlantiks.

Der Titeltrack oder auch »Thar Desert Dawn« veranschaulichen machen die Magie zwischen den drei Musikern eindrucksvoll hörbar: Inbrünstige, in Improvisationen ausgreifende Melodien legt Lê über die nordafrikanischen Rhythmen des von Rhani Krija und den wuchtigen, aber singenden Bass von Chris Jennings. Vorher führte der Opener »Red City« wild und dynamisch mitsamt Stimmengewirr und Rufen in den Trubel asiatischer oder afrikanischer Städte. Rockiger wird es auf »Onety-One« und vor allem auf »Tiger's Dance«, ruhiger geht es beim hymnischen »Moonstone« und dem wie ein Fluss weite Bogen schlagenden »The Waters of Ortigia«. »Baraka« ist stark von funk-unterstützten afrikanischen Rhythmen und Rhani Krijas Intro auf der Gimbri geprägt, das finale »Becoming Water« bringt dann noch einmal auf unwiderstehliche und berührende Weise die Melodik und die Klangfarben des Maghreb und Südostasiens zusammen.

Zum Basis-Trio mit Jennings und Rhani stoßen bei zwei elegischen Stücken Sylvain Barou mit Bansuri- und Duduk-Flöte, bei »Moonstone« Miron Rafajlovic mit Trompete und Flügelhorn dazu. Den in neuen Ideen mündende Rückgriff auf Lês Anfänge verdeutlicht ein weiterer Gast auf »Silk and Sand«: Bei »Baraka« spielt Etienne Mbappé den E-Bass, der an der Seite etwa von Joe Zawinul, John McLaughlin oder Salif Keïta berühmt gewordene Kameruner, der schon bei Lês erster Band Ultramarine dabei war. So schlägt Lê »Silk and Sand« auf für den Hörer unwiderstehliche und genussvolle Art nicht nur erneut eine Brücke zwischen Asien, Afrika und Europa, zwischen Jazz, Rock und Weltmusik, sondern auch zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Rezensionen

»Die Stücke sind sauber abgemischt, jedes Instrument wird dezent und wuchtig wiedergegeben.​« (MINT, Mai 2023)

»So zelebrieren die Musiker ihren Einfallsreichtum mit Bravour.​« (STEREO, April 2023)

Nguyên Lê: Silk And Sand (180g) (LP)  – jpc (2025)

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